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Start Bücher Geschichte(n) der Medizin Hundswuth und Wasserscheu - Das Buch

Hundswuth und Wasserscheu - Das Buch

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Hundswuth und Wasserscheu
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Biografie: Klaus Burghard
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Das Buch
Buch: Hundswuth und WasserscheuDie Geschichte der Bekämpfung der Tollwut kann man grob in zwei Epochen einteilen: Vor Pasteur und nach Pasteur. Denn erst durch die Entwicklung der pasteurschen Impfung wurde eine Behandlung der Tollwut überhaupt möglich. Vorher behalf man sich mit allerlei volkstümlichen, ärztlichen und manchmal auch wissenschaftlich-logisch begründeten Heilmethoden – immer mit einer gewissen Hilflosigkeit ob des tragischen und schier schicksalhaften tödlichen Ausgangs der Krankheit.

Erst Louis Pasteur setzte den oft gut gemeinten aber letztendlich erfolglosen Therapien ein Ende. Aus einfachen Verhältnissen kommend - er stammt aus einer Gerberfamilie in der französischen Provinz im Jura - schloß er sein Abitur mit „mittelmäßig“ in Chemie ab und konnte anschließend durch Förderung von Freunden seit 1843 an der Ecole normale in Paris studieren.

Pasteur wurde der erste Chemiker, der, geprägt durch seine Arbeiten über Gärung, erstmals die Existenz von sogenannten Spaltpilzen nachwies und so die Idee der Urzeugung, ein fester Glaube seit über 2000 Jahren, widerlegen konnte.

In schneller Folge wies er die Verursacher verschiedener pathologischer Erreger bei der Essig-, Bier- und Weinherstellung nach, dann erstmals auch Mikroorganismen bei ansteckenden Krankheiten. Dies gelang ihm bei der Seidenraupenkrankheit, anschließend bei Milzbrand. Von da an war sein Weg bis zu den ersten, von ihm hergestellten Impfstoffen gegen Hühnercholera, Schweinerotlauf und auch Milzbrand folgerichtig.

Obschon durch eine inkomplette Halbseitenlähmung in Folge eines Schlaganfalls 1868 behindert, arbeitete er intensiv an einem Impfstoff gegen Tollwut, eine der gefürchtetsten Krankheiten auch der damaligen Zeit. Er vermochte zwar nicht, den Erreger darzustellen (wir wissen heute, daß sich das verursachende Rhabdovirus nur im Elektonenmikroskop nachweisen läßt), doch er konnte aufgrund theoretischer Überlegungen einen Impfstoff aus einem abgeschwächten Erreger herstellen.

So war der fünfjährige Joseph Meister aus dem Elsaß, der von einem tollwütigen Hund gebissen worden war, der erste Mensch, der 1885 dank dieser Impfung nicht an Tollwut sterben mußte. Für viele Historiker beginnt damit ein neues Zeitalter der Medizin. Diese wissenschaftliche Großtat, ermöglicht im Bereich der Medizin durch einen Nichtmediziner, einen Chemiker, sollte die Grundlage für eine neue Lehre von der Infektiologie und Ausgangspunkt für die bis heute andauernden Suche nach Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten werden.

Mit dieser ersten Tollwutimpfung bleibt im öffentlichen Bewußtsein stets der Name Pasteur verbunden, der nicht zuletzt auch wegen dieser spektakulären Tat noch zu Lebzeiten zum französischen Nationalhelden wurde. Pasteur bleibt bis heute durch seine unkonventionelle Herangehensweise an Probleme, durch die Infragestellung alter und vertrauter Denkgewohnheiten ein Vorbild nicht nur im wissenschaftlichen Bereich, auch eine Mahnung für die Ärzte zur Offenheit im Denken und ein bißchen auch zur Demut über ihr auch heute noch imkomplettes Wissen.

Wie wichtig die Entdeckungen von Pasteur im Bereich der Tollwutbekämpfung waren, zeigt sich insbesondere an der Geschichte der Behandlung der Tollwut vor Pasteur. Diese Epoche vor Pasteur, die geprägt war von verzweifelten und aberwitzigen Versuchen, die Tollwut zu heilen, soll in diesem Buch in ihrer ganzen Bandbreite geschildert werden.

Vorwort von Klaus Burghard, 2000